Muelhens 4711

Muelhens, 4711, Farina und die Anderen

Erinnerungen an die Jugendzeit

„Muelhens – 4711 Echt Kölnisch Wasser“ und „Farina gegenüber“ sind die beiden bekanntesten deutschen Parfümhersteller. Beide stammen aus Köln, der deutschen Stadt des Parfüms, wobei Farina der älteste Parfümhersteller der Welt ist und 4711 der wohl bekannteste. Sammler von Werbung oder anderen Requisiten wie Flakons haben zumeist beide Hersteller im Fokus, – so richtig zu trennen sind sie wohl auch nicht.

Sie gehörten zu den Standards, wenn es in meiner Jugendzeit in den 60er Jahren darum ging, etwas Passendes zum Geburtstag meiner Mutter, als Muttertagsgeschenk oder auch als Weihnachtsgeschenk zu finden. Die Fläschchen und Geschenkpackungen von 4711 boten sich immer wieder an. „Eau de Cologne“ oder „4711 – Echt Kölnisch Wasser“ kannte jeder; Produkte der Firma gehörten zu den am stärksten beworbenen in Zeitung, Zeitschriften und Fernsehen. Die Reklame mit dem französischen Reiter, der im mittelalterlichen Köln die Hausnummer 4711 an eine Hauswand schrieb, gehört zu den Erinnerungen vieler Zeitgenossen.

Meine Mutter bewahrte ihre 4711 Flakons im elterlichen Schlafzimmer auf dem Spiegeltisch auf. Es war eine dieser typischen Kommoden aus den 30er und 40er Jahren mit drei Schubladen und Nussbaumfurnier sowie dem dreiteiligen Spiegelaufsatz, einem großen Spiegel in der Mitte sowie den beiden schmaleren Seitenspiegeln.

Geschichte des Eau de Cologne

Erfinder des Wässerchens mit dem Namen 4711 war Wilhelm Muelhens oder auch Mülhens (1762 – 1841). Es ranken sich einige Geschichten um die Entstehung von 4711 Echt Kölnisch Wasser. Die bekannteste ist die, dass der nach Köln zugereiste Unternehmer Wilhelm Muelhens, welcher an einer Rezeptur für ein Duftwasser experimentiert, von einem Kartäusermönch Franz Carl Maria Farina zur Hochzeit ein Geschenk überreicht wurde, – eine Pergamentrolle mit einer geheimen Rezeptur für ein „aqua mirabilis“, übersetzt ein wundersames Wasser oder auch Wunderwasser.

Der Pionier war Farina

Der Name Farina spielt in der Geschichte von Kölnisch Wasser eine bedeutende Rolle. Giovanni Maria Farina (1685 – 1766), der sich später als Kölner Bürger Johann Maria Farina nennen durfte, war ein italienischer Parfümhersteller aus dem Piemont, der bereits im Jahre 1706 in seiner Wahlheimat Köln ein Duftwasser kreierte, welches er später „Eau de Cologne“ nannte. Voraussetzung für diese Kreation war die Jahrhunderte alte überlieferte Kenntnis von der Destillation, der Gewinnung von reinem Alkohol als Träger der Aromen. Farina benutzte für sein Duftwasser Öle und Essenzen aus feinsten italienischen Kräutern und Früchten, wobei die Bergamotte, eine relativ seltene Mischung aus Citrus-Früchten und mit einer großen Zahl an Aromen ausgestattet, die Hauptnote des Duftkanons ausmacht. Im Jahre 1709 gründete Johann Maria Farina in Köln die erste und bis heute älteste Parfümmanufaktur der Welt. Farina verstand seine Mixtur als Duftwasser und trug von Köln aus die Komposition seiner Düfte hinaus in die weite Welt.

Zu den Kunden von Farina gehörten die Großen der Welt, darunter auch Napoleon Bonaparte, Voltaire, Goethe. Sein großer Erfolg trieb unzählige Nachahmer auf den Plan. Und die Zeiten waren durchaus günstig. In der Zeit des Rokoko waren Parfümessenzen überaus gesucht, oftmals um den eigenen Körpergeruch zu übertünchen. Sie mussten allerdings aber auch gegen Krankheiten helfen. Solche Parfüm- oder Kräuteressenzen vagabundierten, wie ich vorher bereits anschnitt, unter dem Begriff „aqua mirabilis“. Köln lag zudem im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation am Schnittpunkt der großen Handelswege und gehörte zu den größten und wichtigsten Städten. Während der Zeit der Franzosenherrschaft, war die Zeit zudem von sehr schlechten hygienischen Bedingungen geprägt. Die Startbedingungen des „Eau de Cologne“ waren also ideal, zumal die Franzosen dazu beitrugen, das Wasser in Paris bekannt zu machen; der weltweite Erfolg war dann nicht mehr aufzuhalten. Die Bezeichnung „Eau de Cologne“ für Kölnisch Wasser hat natürlich damit zu tun, dass man in den gehobenen Kreisen ausschließlich Französisch sprach. An den Universitäten war Latein die Hauptsprache; nur in den Niederungen des gemeinen Volkes wurde deutsch gesprochen.

Der Erfolg und viele Nachahmer

Der Name Farina war so eng mit Kölnisch Wasser verbunden, dass viele Nachahmer bald auch den Namen Farina in ihren Firmenbezeichnungen führten. Möglich war dies durch die freie unternehmerische Gestaltung, die noch keinen Namens- oder Patentschutz kannte, welche die französische Besatzungsmacht eingeführt hatte. Zuvor waren die unternehmerischen Möglichkeiten außerordentlich reglementiert. Den Nachahmern kam entgegen, dass der italienische Name Farina im Umkreis von Köln häufig vorkam, ohne dass die Namensträger miteinander verwandt waren. „Farina“ ist eben auch in Italien nicht selten. So wurde Kooperationen mit irgendwelchen Farinas gesucht, die normalerweise mit Parfümherstellung gar nichts zu tun hatten. Es kam nur auf den Namenszusatz an. Johann Maria Farina setzte zum Schutz und zur Kenntlichmachung seines originalen Wassers seinen Namenszug auf die Etiketten seiner Fläschchen, aber auch dieser wurde gnadenlos nachgeahmt. Die Erweiterung der Firmenbezeichnung zu „Josef Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz“ als zusätzlichen Schutz konnte ihn gleichfalls nicht vor Nachahmern schützen. Es soll bald allein in Köln weit über Hundert Nachahmer gegeben haben, die sich „Farina gegenüber der Post“, „Farina gegenüber dem Alten Markt“ und so weiter nannten. Farina besitzt seit 1924 mit der roten Tulpe ein unverwechselbares Markenzeichen; schon seit der Einführung des deutschen Markenschutzgesetzes 1875 durften seine Konkurrenten nicht mehr den originalen Schriftzug von Johann Maria Farina nachahmen.

Viele der alten Hersteller von Kölnisch Wasser existieren noch heute und nicht nur in Köln. Viele führen auch weiterhin die Bezeichnung Johann Maria Farina im Firmennamen; jede dieser Firmen verwendet jedoch einen abweichenden Schriftzug. Der Begriff Kölnisch Wasser ist mittlerweile eher ein Gattungsbegriff, während “Echt Kölnisch Wasser“ und „Original Eau de Cologne“ geschützte Bezeichnungen sind.

Das 4711 des Wilhelm Muelhens

Der bekannteste Hersteller von Kölnisch Wasser aber wurde Wilhelm Muelhens. Nachdem Wilhelm Mülhens der Legende nach 1792 vom Kartäusermönch mit dem Namen Farina das „Original“-Rezept für das „aqua mirabilis“ bekommen hatte, bekam das neue Produkt den Namen „4711“.

Die Franzosen, welche 1794 Köln besetzten, ordneten, ganz einfach, um die Einquartierung ihrer Truppen besser koordinieren zu können, die fortlaufende Nummerierung der Kölner Häuser an. Das Haus von Mülhens in der Glockengasse erhielt so die Hausnummer 4711. Die Rezepturen der verschiedenen Kölner Hersteller von Kölnisch Wasser waren wohl alle unterschiedlich. Das „Original“, welches Mülhens erhielt, soll mit dem Original, der Erstrezeptur von Johann Maria Farina, jedenfalls nicht übereinstimmen. Mülhens vermarktete sein 4711, welches anfangs auch noch die Zusatzbezeichnung „Farina“ trug, nicht nur als Duftwasser, sondern auch als Gesundheitstrank.Frühe Reklame von Muelhens 4711

Überhaupt scheint jeder der Kölner Hersteller seine eigene Rezeptur zu besitzen. Ein Proberiechen bestätigt diese Annahme. Wilhelm Mülhens musste sein eigenes Geheimnis jedenfalls nicht preisgeben. Als die Besatzer um 1810 die Preisgabe der Rezepturen für die verschiedenen „aqua mirabilis“ verlangten, vermarktete Wilhelm Mülhens das Wasser konsequent nur noch als Duftwasser, und die Rezepturen für Duftwasser durften geheim gehalten werden.

Innovationen und Weiterentwicklung

Der Transport der verschiedenen Kölnisch Wasser, des Eau de Cologne, geschah mit Rosolien. Die Rosoli-Flasche oder Rosolie war länglich und mundgeblasen. Sie war nicht zum Stehen geeignet. Im Jahre 1820 erfand der Destillateur Peter Heinrich Molanus die nach ihm benannte Molanus-Flasche. Diese berühmte Flasche, versehen mit einer den Duft steigernden Ausbuchtung am Hals, benutzte Muelhens ab 1822 als sogenannte Kropf-Molanus-Flasche. Diese Flaschen oder Flakons konnten nun stehen und wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts in vielfältigsten Formen hergestellt. Die typische Molanus-Flasche wurde aber für 4711 zur Standardflasche. Um sein Duftwasser von den anderen zu unterscheiden, wurde die Flasche ab 1839 mit dem typischen blau-goldenen Etikett versehen. Ab 1881 verzichtete Mülhens auf die Zusatzbezeichnung „Farina“ im Firmennamen, der bis 1990 „Eau de Cologne- und Parfümeriefabrik Glockengasse Nr. 4711 gegenüber der Pferdepost von Ferdinand Muelhens“ hieß. Die Marke 4711 wurde 1875 eingetragen und sodann im Design, welches bis auf geringe Abwandlungen die Zeit bis heute überdauert hat, integriert.

Für den Konkurrenten Johann Maria Farina entwarfen die bekanntesten Künstler des Beginns des 20. Jahrhunderts wie August Macke, Franz Marc, der Schöpfer des Blauen Reiter, sowie Wassily Kandinsky Flakons. Der Entwurf von Kandinsky wurde schließlich für den neuen Flakon von Farina ausgesucht.

4711 wird zum Weltkonzern

Ferdinand Muelhens, der die Firma ab 1873 leitete, erweiterte das Sortiment stetig, so zum Beispiel um Seifen und andere Pflegemittel. Er trieb die Expansion der Firma, die nun bald die Nummer eins auf dem Parfümmarkt war, voran. Den Ausbau führte sein Sohn Peter Paul Muelhens, der im Jahre 1900 die Geschäftsleitung übernahm, weiter. Unter ihm entstand 1921 die weltberühmte Serie „Tosca“. Dieses Parfüm entstand wie gleichzeitig die berühmte No.5 von Coco Chanel, erstmals auf der Basis von Aldehyden, welche bei der Oxydation von Alkohol entstehen. Tosca und Chanel No.5 wurden die beiden meist verkauften Parfüms weltweit.  „4711 – Echt Kölnisch Wasser“ wurde zur Weltmarke.

Im Jahre 1928 wurde die Standardflasche von „Echt Kölnisch Wasser“ noch einmal modifiziert. Sie bekam eine sogenannte Enghalsöffnung und einen Schraubverschluss aus Metall. 1935 führte der Sohn von Peter Paul Muelhens, Ferdinand, die Marke „Sir“ ein, welche ein großer Erfolg im Rasierbereich wurde. Bis zum 2. Weltkrieg wurden zusätzliche Marken wie „Blau-Gold“, „Frisco“, „Shahi“, „Ambra“ und „Rheingold“ neben den sehr erfolgreichen „Sinfonie“ (1937) und „Carat“ (1938) auf den Markt geworfen.

Am Erfolg des Unternehmens konnten auch die Zerstörungen und Leiden des zweiten Weltkrieges nicht rütteln. Die Gebäude in Schutt und Asche, viele Familienmitglieder tot, – unter diesen schweren Vorzeichen wurde unter der Leitung von Maria Mülhens, der Witwe von Peter Paul Muelhens, der Wiederaufbau in Angriff genommen. Die neuen Fabrikgebäude entstanden in Köln-Ehrenfeld und das Verwaltungs- und Geschäftshaus in der Innenstadt am Dom. Dieses sogenannte Blaugoldhaus war zunächst wegen seiner 50er Jahre Architektur umstritten. Nach Maria Muelhens übernahm ihr Enkel Ferdinand die Leitung und ab 1988 Dieter Streve-Mülhens. Die Firma nannte sich ab 1990 „Mülhens KG“.

Möglichkeiten für den Sammler

Für den Sammler von Produkten der Firmen 4711 und Farina sind gewiß die alten Rosolien oder Rosolen, jene röhrenartigen Flaschen, interessant, in welchen das Kölnisch Wasser, das alte „aqua mirabilis“ ausgeliefert wurde. Diese Rosolien dürften ebenso rar sein wie die alten Molanus-Flaschen. Allein die Geschichte der Molanus-Flaschen dürfte Seiten füllen.Flakon von "Farina gegenüber"

Zum Sammelspektrum gehören selbstverständlich die verschiedenen Formen von Reklame, angefangen von Inseraten in Zeitschriften bis zu den teuren Emailleschildern. Sieht man sich die aufwändige Reklame der Firma schon zur Jahrhundertwende an, wird man verstehen, dass man Mülhens zu einem der Pioniere anspruchsvoller Werbung ansieht. Die Produktpalette insbesondere von 4711 ist zudem sehr breit und ist im Laufe der Geschichte immer mehr ausgeweitet worden. Allein die einzelnen Labels wie zum Beispiel „Tosca“ sind für sich schon ergiebig. Flacons aus Glas sind erhältlich aus der Gründerzeit, dem Jugendstil, dem Art Deco bis in die heutige Zeit.

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