60er Jahre Alltag

60er Jahre Alltag

In den 60ern hieß die Grundschule noch Volksschule

Der Beginn der 60er Jahre war natürlich von den ersten Jahren Schulalltag geprägt. Ich war kurz vorher eingeschult worden. Von den ersten Erfahrungen mit regelmäßigem Wiegen oder dem Milchpilz habe ich im 50er Jahre-Teil bereits berichtet. Der Schulalltag machte trotz einer gewissen Härte Spaß. Viele unserer Lehrer hatten noch den typischen Schmiss an Wange oder Stirn, der vom Fechten in einer studentischen Burschenschaft herrührte. Dieser Schmiss wurde zu jenen Zeiten mit Stolz herbeigesehnt; es hatte auch den Anschein, dass nahezu alle unserer Lehrer während ihrer Studienzeit Mitglied einer Burschenschaft waren. Unser Lehrerkollegium in der Volksschule, so hießen die Grundschulen damals, Anfang der 60er Jahre bestand im Wesentlichen aus Lehrern; Lehrerinnen waren die absolute Ausnahme! Insofern haben sich die Zeiten gegenüber heute gewaltig geändert. Bei Ungehorsam oder geringer Aufmerksamkeit gab es schon mal die berühmt-berüchtigte Kopfnuss mit dem Spruch „Ein Schlag auf den Hinterkopf erhöht das Denkvermögen“. Alternativ gab es auch das bekannte „In die Ecke stellen“, also in eine Ecke des Schulzimmers stellen, mit dem Gesicht zur Wand, bis zum Ende der Unterrichtsstunde. In schlimmeren Fällen gab es mit dem Rohrstock einige Hiebe auf die nackten Beine; man trug ja immer die kurze Lederhose. Die Rohrstöcke für den Lehrer musste ich immer besorgen, da wir im elterlichen Geschäft mit solchen ausgestattet waren.Zeugnis Volksschule 60er Jahre

Ansonsten kann ich mich erinnern, dass es regelmäßig auf dem Weg zur Schule zu Raufereien zwischen den wenigen Katholiken und den evangelischen Kindern kam. Mit dem Alter wurde man dann aber schon zu Freunden! Nordhessen ist weit überwiegend evangelisch; Katholiken waren rar. Ausnahmen waren die wenigen Gemeinden, die früher zum Bistum Mainz gehörten und noch heute das Mainzer Rad im Wappen tragen.

Im ersten Schuljahr 1960 gab es neben den vier Kopfnoten noch die Note für den Religionsunterricht. Die Leistungen im Gesamtunterricht wurden in einer Note zusammengefasst

Im ersten Schuljahr wurde noch mit Griffel und Schiefertafel geschrieben. Danach ging es über zum Füllfederhalter. Bahnbrechend war aber mit Beginn der 60er Jahre der Kugelschreiber! Ihn gab es schon ein paar Jahre, aber erst jetzt konnte ich ihn ausprobieren. Aber erst privat, nicht in der Schule! Das war verboten. Wir hatten in der Schule ja noch regelmäßig eine Stunde „Schönschreiben“. Das gab es wirklich. Da wurde ausschließlich mit Füllfederhalter zumeist die deutsche Schrift, das sogenannte Sütterlin, geübt. Erst mit dem Wechsel auf das Gymnasium gingen wir zur Benutzung des Kugelschreibers über. War das eine Erleichterung! Die Schreibutensilien führte man übrigens in einem eigenen Griffelkasten mit sich. Die Federmäppchen kamen erst später auf. Und der Griffelkasten befand sich selbstverständlich im ledernen Schulranzen.

Das erste Geld

Kurz nach der Einschulung gab es mit etwa Beginn 1960 das erste Taschengeld. Parallel gab es auch ein Sparbuch bei der örtlichen Sparkasse und eine erste Spardose. Wir fühlten uns unheimlich groß! In der Schule konnte man sich Klebemärkchen kaufen. Ich meine, sie kosteten damals 30 Pfennige. Dazu gab es ein kleines Heftchen, in welches 10 solcher Klebemärkchen passten. War es voll, ging man zu seiner Sparkasse und es wurden einem 3 Mark Guthaben auf das Sparbuch gutgeschrieben. An Taschengeld gab es ebenfalls 30 Pfennige, aber in der Woche. Der Betrag wurde in den nachfolgenden Jahren nur zögerlich erhöht. Ich erinnere mich nicht mehr so genau, aber mehr als 30 Mark habe ich mit 16 Jahren im Monat nicht gehabt. Wenn es überhaupt so viel war! Die wenigen Groschen wurden gesammelt und wenn mal wieder eine Mark übrig war, konnte man sich davon ein neues Wiking-Auto im Spielwarengeschäft kaufen.

Wir haben uns als Kinder aber auch etwas hinzu verdient. Manche Landwirte hatten ihre Höfe damals noch in der Ortslage, erst wenige waren mit ihren Ställen und Wohngebäuden als „Aussiedlerhof“ vor die Stadt gezogen. Die Landwirte hatten ihre Äcker und Wiesen direkt am Stadtrand. Angebaut wurden überwiegend Hackfrüchte wie Rüben oder Kartoffeln. Heute hat sich das Bild auf den Äckern sehr geändert zugunsten des Anbaus von Kraftfutter, Weizen, Gerste oder Energiepflanzen wie Mais und Raps. Auf den Feldern mussten wir Kinder, wenn wir uns etwas verdienen wollten, die Pflanzen vereinzeln. Ich hatte mich öfter zum Rüben vereinzeln angemeldet. Von mehreren kleinen Rübenkeimlingen an jedem Pflanzloch mussten alle bis auf eine kleine Pflanze entfernt werden. An einem Tag schaffte ich so etwa zwei Reihen. Dafür gab es zu Mittag belegte Brote mit Wurst und am Abend den verdienten Lohn, bar 2 Deutsche Mark auf die Hand! Zumindest brauchten wir uns bei solch spärlichen Löhnen keine Gedanken über eine Steuer, wie die Lohnsteuer oder Sozialabgaben machen.

Hinter Masken um Süßigkeiten betteln

In den Sechzigern lernten wir Kinder eine nordhessische Spezialität kennen. Zum Nikolausabend am 6. Dezember gingen die Kinder mit einer Maske verkleidet durch die Geschäfte der Kleinstadt, einen Beutel in der Hand, und baten dort um Früchte oder Süßigkeiten. Dazu sagte man eines von mehreren Gedichten auf, die mir noch heute geläufig sind.

„Ich bin der kleine Dicke, schubs mich nicht zurücke, lass mich nicht so lange stehn, denn ich muss noch weiter gehn“ oder „Ich bin der kleine Bauer und komm vom Adenauer, ich komm aus Bonn und will was honn“.

Noch mehr vom Alltag

Die ersten Jahre in den 60ern waren vom Schulalltag auf dem Gymnasium geprägt, vom Spielen in der Stadt, vom allmählichen Füllen der Geschäftsauslagen der Geschäfte in unserer Straße. Die Geschäfte wurden immer bunter. Dies lag an der Reklame, die wohl selten so vielfältig in Erscheinung trat wie in diesen 60er Jahren. Die verschiedenen Verkaufsgeschäfte, ob Supermarkt, Hutgeschäft, Spielwarengeschäft mit dem unterschiedlichsten Blechspielzeug, alles war in der Innenstadt, sogar in den einzelnen Straßen der Altstadt angesiedelt und sorgte natürlich für eine unvergleichlich vielfältige Erlebniswelt. Laden mit ElektroartikelnNatürlich waren die Supermärkte nicht mit den heutigen vergleichbar; der kleine EDEKA-Laden nebenan hatte gerade eine Größe von vielleicht 6 x 12 Meter, passte also gerade einmal ins Erdgeschoss eines kleinen Fachwerkhauses, hatte aber eine Gemütlichkeit, wie sie heute vielleicht nur noch in kleinen Dorfläden anzutreffen ist. Vor und in den Läden wurde Werbung betrieben auf kleineren und größeren Emailleschildern, auf Pappschildern, bunten beleuchteten Plastikreklamen usw. Hin und wieder kamen neue Geschäfte hinzu, wobei mir eines ganz besonders in Erinnerung geblieben ist. Es muss 1961 oder 1962 gewesen sein, als ein Schnellimbiss aufmachte, der lediglich eine Verkaufsware besaß: Pommes frites! Es war eine reine Frittenbude. Pommes frites kannten wir nur von anderen Kindern, die schon einmal mit ihren Eltern weiter weg in Urlaub waren. Aber diese erste Frittenbude in unserer kleinen Altstadt war eine solche Sensation, dass sich in der Anfangszeit Kaufschlangen bildeten!

Auf dem Foto sieht man die Auslagen eines Elektrogeschäftes der 60er Jahre. Der Junge davor möchte gerne mit seinem Roller fahren. Einen solchen hatte fast jeder Junge

Das Spielen war anders als heute

Das Spielen in der Stadt erfasste nicht nur das Höhlenbauen auf Hinterhöfen, sondern auch Fussballspielen auf den Straßen und allgemein das Herumstreunen in allen möglichen Ecken und Winkeln. Ich habe in der Nachbetrachtung den Eindruck, dass man damals nicht ganz so umsorgt aufwuchs wie heute. Da wurde nicht allzu viel Tamtam um irgendwelche Wunden an Knien oder Händen gemacht, da wurde auch nicht so viel verboten und hinterfragt wie heute. Wir durften unsere Erfahrungen machen. So kann ich mich erinnern, dass wir sehr viel sehr mutig in Bäumen herumgeklettert sind, dass wir im Herbst die Bucheckern, das sind die Früchte der Buchen, unter den Bäumen aufgelesen und gegessen haben.

Spielen bedeutete damals für uns Jungen natürlich auch Cowboyspielen. Im Fernsehen lief die amerikanische Wildwestserie „Am Fuß der blauen Berge“. Lediglich die Eltern meines Cousins besaßen zu Beginn der 60er Jahre einen Schwarz-Weiß-Fernseher, so dass wir uns dort zum Fernseh-Gucken trafen. Die Erlebnisse in der Fernsehserie animierten natürlich zum Nachspielen. Das Cowboyspielen fand regelmäßig an Nachmittagen bei einem Klassenkameraden statt, dessen Eltern einen landwirtschaftlichen Hof besaßen. Insbesondere die Scheune wurde für diese Spiele genutzt. Dazu muss ich aber sagen, dass ich dies heute als Erwachsener streng verbieten würde. Die Scheune war bis unters Dach, mit entsprechenden Zwischenböden versehen, mit Strohballen gefüllt. Damals fiel sehr viel mehr Stroh an als heute. Das hat mit den anderen Bedingungen in der Landwirtschaft zu tun als auch mit geänderten Anbauarten, gehört aber nicht an diese Stelle. Die Strohballen waren zu jener Zeit rechteckig gebunden und bis zu zehn Meter hoch gestabelt. Beim Cowboyspielen wurden zumeist zwei Gruppen gebildet, die gegeneinander kämpften. Ausgerüstet waren wir mit Spielzeug-Colts, die denen im Fernsehen natürlich sehr ähnlich sahen. Die Colts waren aus Spritzguss und wurden mit Zündplättchen, die es in dünnen Papprollen gab, geladen. Beim Schießen gab es durchaus Feuerfunken und eine kleine Rauchwolke. Wenn man bedenkt, dass wir uns häufig auf den Strohballen unter dem Scheunendach oder in den Zwischenräumen zwischen den gestapelten Ballen bewegten, kann man erahnen, wie gefährlich es beim Schießen mit diesen Pistolen war. Aber an mögliche Brandgefahren oder gefährliche Heu- und Strohstäube hat damals wirklich keiner gedacht.

60er Jahre und Kindergeburtstage

In den 60er Jahren wurde noch viel gelesen, anders als heute, wo Bücher oder Gedrucktes immer weniger eine Rolle spielen. Die Informationen kann man sich aus dem Internet ziehen oder auf das Handy laden. Kindergeburtstage in den 60ern sahen bezüglich der Geschenke schon ganz anders aus. Da wurden noch Bücher verschenkt! Auf die Jungen-Geburtstage kamen natürlich auch nur Jungen; wir schenkten uns anfangs Abenteuerromane und -bücher. Bestes Beispiel für Jugendbücher hierfür waren die Serien mit Käpt’n Conny und seinen Freunden. Der Autor war Rolf Ulrici und einige der Titel hießen „Käpt’n Konny als Pirat“, Käpt’n Konny schnuppert Seeluft“ oder Käpt’n Konny und der Seeteufel“. Dahinter stand natürlich die Sehnsucht nach meer und Urlaub, wie sie in den 60ern aufkam. Nach der Käpt’n Konny-Phase war Karl May angesagt. Die Taschenbuchausgabe mit den Abenteuern von Winnetou und Kara Ben Nemsi umfasste etwa 70 Bände. Diese Taschenbücher waren über Jahre ein beliebtes Mitbringsel. Ich hatte sie dann auch irgendwann ziemlich komplett.

Die ersten Sportereignisse

Die 60er Jahre waren bei mir auch verbunden mit dem ersten bewussten Wahrnehmen von Sportveranstaltungen. Ich kann mich in diesem Zusammenhang noch an die olympischen Winterspiele WM 1960 und 1964 erinnern mit noch gesamtdeutschen Mannschaften und Namen wie Recknagel, Kilius/Bäumler oder Georg Thoma, der skilaufende Postbote. Sehr gute Erinnerungen habe ich auch noch an die Fußball-Weltmeisterschaft 1962 in Chile. Dies konnte bei uns zu Hause noch nicht am Fernseher verfolgt werden; ich lag auf dem obligatorischen Chaiselongue in der Küche, über mir das alte Röhrenradio und lauschte fasziniert dem zumeist knisternden Ton des Reporters. Ich empfinde noch heute meine Enttäuschung, als im Viertelfinale in der 85. Minute gegen Jugoslawien alles vorbei war. Da traf Radakovic unter die Latte und Wolfgang Fahrian im deutschen Tor war machtlos.

Autoquartett – ein Highlight der 60er Jahre

Wenig später wurde ein Kartenspiel zum absoluten Highlight, – Autoquartett! Das Autoquartett wurde für drei oder vier Jahre zu dem Jungenspiel der 60er Jahre. Eigentlich wurde es überall gespielt, entweder im Klassenzimmer, im Schwimmbad auf der Wiese oder in der übrigen Freizeit. Natürlich wurde es nicht wie ein klassisches Quartett gespielt; das Spiel hatte eher mit den Jungenträumen von Pferdestärken, Hubraum und Geschwindigkeit zu tun. Autoquartett 60er JahreDas Spiel hatte 36 Karten, die zu gleichen Teilen auf die Mitspieler aufgeteilt wurden. Sieger war, wer letztlich alle Karten erobern konnte. Gefragt wurde nach PS, Geschwindigkeit, Hubraum und Zylinderanzahl; diese Zahlen waren auf den Karten angegeben. Die höchste Angabe gewann. So konnte man mit einem Abarth 2000 mit einer Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h auch mal ein Auto „einsacken“, welches mit einem hohen Hubraum ausgestattet war. Grundsätzlich gute Karten waren die mit den Superautos Facel Vega, Jaguar E, Aston Martin oder Maserati. Autoquartette haben heute, wie viele Alltagsgegenstände oder Spielsachen aus den den 60ern ihre besonderen Liebhaber und werden von Sammlern gut bezahlt. Meiner Ansicht nach steht die Preisentwicklung für 60er Ware allerdings erst an ihrem Anfang.

Weihnachten war etwas ganz Besonderes

Natürlich haben die Weihnachtstage der Kinderzeit etwas Nostalgisches. Die Geschenke waren zwar das Wichtigste; hier gab es zu Beginn der 60er Jahre wie auch schon Ende der 50er Jahre Ergänzungsspielzeug zur elektrischen Eisenbahn, zu meiner Rokal-Eisenbahn und das geliebte Blechspielzeug. Dieses war zumeist von Gama oder Gescha; Blechspielzeug beziehungsweise Funktionsspielzeug von Schuco war meinen Eltern wohl zu teuer gewesen.

Es war allerdings auch die Vorweihnachtszeit, die etwas Faszinierendes an sich hatte. Sie begann sehr viel später als heute, wo wir ja schon ab Ende September in den Supermärkten mit Lebkuchen und anderer Weihnachtsbäckerei bombardiert werden. In den 60ern begann die Saison erst im November. Die Spannung und die freudige Erwartung auf die Festtage war somit für uns Kinder größer. Anfang der 60er Jahre glaubten wir auch noch an den Weihnachtsmann! Es wurden Wunschzettel ausgelegt und am Heiligabend kam der Onkel verkleidet als Weihnachtsmann und wollte von uns Kindern erst einmal ein Gedicht hören. Ich hatte eine prickelnde Furcht vor diesem verkleideten Weihnachtsmann! Ja, woran ich mich noch erinnere,- die Weihnachtsbeleuchtung in den Geschäften war doch vorwiegend weiß! Erst Jahre später, in den 70er Jahren, setzte sich die bunte Weihnachtsbeleuchtung durch, die ich bis dahin nur aus Frankreich kannte. Dafür waren die Weihnachtskalender von einer seligmachenden Inspiration, natürlich noch ohne Schokolade, dafür aber mit dem wunderbaren Streuglimmer. Diese Weihnachtskalender machten sehnsüchtig!




Da mein Großvater ein Installationsgeschäft mit Elektroartikeln betrieb, bekam er vor der Weihnachtszeit viele Geschenke von Geschäftspartnern und Zulieferfirmen. Dies waren Notizbücher, Wandkalender, darunter die heute so gesuchten Dauerkalender, und natürlich viele viele Schnapsflaschen, von Korn über Doppelkorn bis zu den unvermeidlichen Chantre- und Mariacronflaschen.Bierflaschen-Aufkleber Contramille Pils

Alkoholarmes Bier, wohl 2%ig, wird für Geistesarbeiter und Kraftfahrer empfohlen!

60er Jahre und Autofahren

Getrunken wurde überhaupt viel. Die 60er Jahre sind bei Autofahrern noch bekannt für die 1,5 Promille-Grenze. Diese galt überhaupt von 1953 bis 1973. Auch wenn man sie übertraf wurde man kaum bestraft; man musste schon in einen Unfall verwickelt sein. Angesichts dieser Grenzwerte gab es natürlich viele tödliche Unfälle; die Autos bestanden zudem aus stabilem Blech und besaßen noch keine Knautschzonen und schon gar keinen Sicherheitsgurt! Dieser wurde erst 1976 unter großen Protesten der Bevölkerung eingeführt!

Auf einem alten Bierdeckel der Homberger Gesellschaftsbrauerei war folgende Anleitung gedruckt:

§ 1 der „Gaststättenverkehrsordnung“:

1. Auch Autofahrer dürfen Bier trinken

2. 4 Glas (je 1/4 l) ergeben ca.  0,4 Promille (Gesundheit und normales Körpergewicht vorausgesetzt)

3. Gemächlich trinken und beim Bier bleiben

4. Etwas dazu essen

Beim Betrachten alter Postkarten und speziell alter Tankstellen ist mir noch eine Besonderheit aufgefallen. Es sind die Hinweisschilder mit der Aufschrift „Bedienung“. Schon in den 50er Jahren, aber auch noch bis in die 70er hinein konnte man an den Tankstellen mit oder ohne Bedienung wählen. Ließ man sich bedienen, kostete dies 2 oder 3 Pfennig Aufschlag auf den Benzinpreis. Dafür war zumeist die Überprüfung des Ölstandes und das Reinigen der Windschutzscheibe inklusive.

Der Bierdeckel gibt Verhaltensregeln für Biertrinken und Autofahren. Na ja, bei einer Obergrenze von 1,5 Promille!

Die späten 60er Jahre – vom Steilwandzelt über Jugendzimmer bis Edgar Wallace

Die späten 60er Jahre gehören zu den intensivsten, an die ich mich zurückerinnern kann. Viele meiner gesammelten Exponate stammen aus dieser Zeit, in welcher so viel auf uns Heranwachsende einströmte. Da waren zunächst die Urlaube mit der Familie. Typische Ziele waren der Bodensee, die Nordsee, der Tegernsee oder der Millstädter See und Ossiacher See in Kärnten. Die Reise fand statt zumeist in einem Ford Combi, auf dem Bild ist es die berühmte „Badewanne“ von Ford. Sie hat uns vielerorts hin begleitet. Es wurde natürlich „Camping gemacht“ in den fast schon berühmten „Steilwandzelten“. Sie gab es in den Katalogen des Warenversandhauses Neckermann zu betrachten und zu kaufen.Urlaub im Steilwandzelt

Die Jugendliteratur bestand bei mir nach der Karl-May-Phase und auch parallel dazu aus vorwiegend „Fix und Foxi“ sowie den Comix-Streifenheftchen des Lehning-Verlages wie Tibor, Tarzan, Akim, Falk oder Sigurd. Ende der 60er Jahre änderte sich der Geschmack; auf dem Gymnasium kam, mit Schwerpunkt in den Latein-Klassen, Asterix und Obelix groß in Mode.

60er Jahre Urlaub im Steilwandzelt und der „Badewanne“ von Ford

Die Comix-Heftchen konnte man auch Sonntags am örtlichen Kiosk erstehen. Zumeist nahm man sich noch eine Wundertüte mit. Diese Wundertüten waren gefüllt mit allerlei nutzlosem Krempel wie Plastikfigürchen, Bildchen und Puffreis. Heute sind diese Wundertüten sehr gesucht.Wundertüte 60er Jahre

Wundertüte der Nürnberger Firma KOHO aus den 60er Jahren

Mit etwa 13 oder 14 Jahren bekam man dann sein eigenes Jugendzimmer. Die Ausstattung war, denke ich, überall weitgehend gleich. Zu dem kleineren Teak-Schreibtisch mit Metallbeinen gesellte sich die obligatorische Schlafcouch, schon aus Pressspan, aber noch Teakholz furniert, die tagsüber als Sofa oder Couch fungierte, indem das Bettzeug im sogenannten Bettkasten verschwand oder hinter der ausklappbaren Rückwand. An der Wand fand man oftmals ein String-Regal; das String-Regal war eine der intelligenten Erfindungen der dänischen Möbelindustrie aus Haltern aus Metallstäben und Brettern mit Teakfurnier; das String-Regal konnte endlos erweitert werden mit Brettern, Schubladen oder kleinen Schränkchen.

Mit dem Jugendzimmer kam die erste Musik in Form von Schlagern, die ersten Zigaretten und die ersten Kinogänge. Nun liefen im Kino die Verfilmungen der Karl-May-Romane, welche wir wenige Jahre zuvor gelesen hatten. Diese Filme waren natürlich Pflicht, – dazu kamen die Edgar Wallace-Filme sowie die ersten James Bond-Filme. Damals waren die Reize noch nicht so abgeflacht wie heute; viele Filmszenen wurden als atemberaubend spannend empfunden, Szenen, über welche man heute in der Retrospektive lächelt. Bestes Beispiel hierfür sind die Filme über den Weltganoven Dr. Fu Man Chu. Ich habe letztens mal wieder in einen solchen Film reingeschaut, aber sie kommen einem heute in der Tat sehr langatmig und langweilig vor. Kaum zu Glauben, dass in den 60er Jahren Leute vor Angst und Schrecken beim Sehen der gleichen Szenen in Ohnmacht fielen und auf der Bahre aus dem Kino getragen werden mussten!

„BRAVO“ und Beatclub

Mitte der 60er Jahre natürlich die unverzichtbare Bravo und die erste Musiksendung für Jugendliche, der Beatclub, – eine Revolution!! Nun konnte man seine Helden, deren Poster die Wände im Jugendzimmer zierten, live im Beatclub sehen, die Troggs, Jimi Hendrix, die Who, Marmelade, Beatles, Rolling Stones und wie sie alle hießen. Unverzichtbar zu jener Zeit natürlich ein richtiges geiles Radio, ein Transisterradio. Ich hatte mir vom Taschengeld den Bajazzo TS von Telefunken erstanden. Mit dem Klang dieser alten Radios kommen, nebenbei gesagt, viele heutige Digitalempfänger nicht mehr mit! Auch ein Tonband musste natürlich zur Ausstattung gehören. Meines ließ ich mir zum Geburtstag schenken; es war ein Grundig TK 145 de luxe. Man konnte nun Musik und Sprache aufnehmen, direkt vom Radio oder über Mikrofon. Um einigermaßen gute Aufnahmen zu bekommen, konnte man sich leider nicht der entfernteren Piratensender wie Radio Caroline bedienen, sondern war auf Sendungen der lokalen Hörsender angewiesen. In Hessen gab es zum Glück die „Frankfurter Schlagerbörse“ mit Hanns Verres, die jeden Donnerstag ausgestrahlt wurde. Auch diese ist heute Kult. Es gab aufgrund der Hörerzuschriften jede Woche eine Hitparade der jeweils beliebtesten Titel. Die 5 Besten durften dann auch noch in der Folgewoche gewählt und gehört werden.

1 response about “60er Jahre Alltag”

  1. Lazarewitz said:
    Dem Autor eine E-Mail senden!
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    Sicherheitsfrage (Spamschutz):
    9 + 10 = ?

    Da wir große fans der 50 er Jahre sind würde es uns mal interisieren wie man an Wundertüten der 50 er Jahre kommt.
    vielen Dank
    M.Lazarewitz

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