Grafik, Graphik

Alte Graphik sammeln

Ob man die Entstehung der Druckkunst in Babylon und Assur, im alten China, oder gar in der Zusammenfassung verschiedener Techniken unter Johannes Gutenberg mit dem Ergebnis des sensationellen ersten Buchdrucks ansiedelt oder die Entwicklung des Holzschnitts sowie der Spielkarten und Kartenspiele in Zusammenhang bringt,- für den Sammler dürften zunächst einmal die Differenzierung der einzelnen Techniken sowie deren zeitliche Einordnung von Wichtigkeit sein.

Zeichengrafik – Zeichengraphik – Zeichentechniken

Wir unterscheiden bei Grafiken generell zwei Techniken,- die Zeichengrafik und die Druckgrafik. Wir befassen uns zuerst mit den verschiedenen Zeichentechniken. Sie sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst.

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Federzeichnung

Sehr verbreitet ist die sogenannte Federzeichnung; der Name leitet sich in der Tat vom ursprünglichen Zeichnen mit dem Kiel einer Gänsefeder ab. Im Laufe der Zeit ging man immer mehr dazu über, mit Federn aus Stahl zu zeichnen. Gezeichnet wurde mit dunklen schwarzen bis braunen Tuschen und Gallustinten. Hierunter gab es auch Modefarben. So war der Farbton „Sepia“, den man als bräunlich bis gräulich oder umgekehrt beschreiben kann, recht beliebt während des 19. Jahrhunderts. Eine Spezialität der Federzeichnung ist das Lavieren. Hierbei wird die Federzeichnung mittels eines Pinsels mit verschiedenen Farbtönungen ergänzt.

Pinselzeichnung

Tusche und Tinte konnte allerdings auch mit einem dünnen Pinsel aufgetragen werden, die sogenannte Pinselzeichnung. Auch bei den Pinselzeichnungen gibt es eine bemerkenswerte Spezialität,- die Gouache: Hierbei werden zusätzlich verschiedene spezielle Deckfarben verwendet.

Aquarellzeichnen

Benutzte man Wasserfarben, so sprach man vom Aquarell.

Zeichnen mit Metallstiften

Als Stiftmaterial hielten verschiedene Metallsorten, auch Edelmetall, her. So gab es Stifte aus Gold oder Silber, aber auch aus Kupfer oder sehr häufig Messing, einer Legierung aus Kupfer und Zink, welche doch etwas härter als Kupfer ist. Häufig benutzte man auch Stifte aus Blei, den sogenannten „Blei-Stift“, nicht zu verwechseln mit den heutigen Graphitstiften, die umgangssprachlich ja ebenfalls „Bleistifte“ genannt werden. Mit diesen harten Metallstiften zeichnete man vorwiegend auf Pergamentpapier; das normale Papier war für das Zeichnen mit Metallstiften einfach zu weich und riss auch schnell. Das Zeichnen mit Metallstiften konzentrierte sich überwiegend auf die Zeit zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert. Einer der herausragenden Maler und Grafiker dieser Zeit, die auch die Zeit des Humanismus war, war der Nürnberger Albrecht Dürer. Von ihm wissen wir, dass seine Vorliebe den Silberstiften galt.

Zeichnen mit weichen Stiften

Neben den harten Metallstiften wurde allerdings auch mit Stiften aus Kreide oder Kohle gezeichnet. Es ist bekannt, dass noch die großen niederländischen Maler und Grafiker im 17. Jahrhundert gern auf Rötelstifte zurückgriffen. Beim Rötel haben wir es mit einer Kreide zu tun, welche als Mischung verschiedener Mineralien, vorwiegend Ton und Eisenoxid, verstanden werden kann. Verwendet wurde diese mineralische Farbe schon bei den alten Höhlenmalern von zum Beispiel Altamira und auch den alten Kulturen des Mittelmeerraumes, den Römern und Griechen. Einen Höhepunkt besaß das Zeichnen mit Rötelstiften in der Renaissance, kann aber auch noch im Rokoko vor. Rötelzeichnungen mussten grundsätzlich fixiert werden; die Technik ist daher heutzutage ob dieses Aufwandes weniger verbreitet. Gute alte Rötelzeichnungen oder Rötelskizzen als Vorlage für eine Grafik sind sehr selten und daher gesucht.

Drucktechniken

Nun aber zu den Drucktechniken. Hierbei unterscheiden wir grundsätzlich drei Techniken: den Hochdruck, den Tiefdruck sowie den Flachdruck. In der nachfolgenden Tabelle stellen wir die verschiedenen Druckverfahren einschließlich ihrer zeitlichen Einordnung vor.

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Hochdruck

In der Tabelle ist bereits verdeutlicht, dass als älteste Drucktechnik der Hochdruck angesehen werden muss. Das uns bekannteste Erzeugnis der Hochdrucktechnik ist die Zeitung oder das Buch. Hierbei liegen die Buchstaben auf dem Druckstock, deshalb Hochdruck. Die Buchstaben oder auch das Vorgezeichnete werden anschließend gefärbt, beim Buch in der Regel schwarz und anschließend per Hand oder Presse auf Papier gedruckt. In der Tabelle unterscheiden wir beim Hochdruckverfahren mehrere für den Sammler wichtige Untertechniken: als ältestes Verfahren den Holzschnitt, der bereits im alten China bekannt war, danach die Revolutionierung des Holzschnittes im 19. Jahrhundert, nämlich den Holzstich. Beim Holzschnitt bestand der Druckstock aus weichem Holz, zumeist Obstholz, während er beim Holzstich aus dem harten Kern oder auch Hirnholz bestand. Die Härte des Kernholzes sowie das Schneiden beziehungsweise Stechen quer zur Maserung des Holzes erlaubte nun sehr viel feineres Herausarbeiten des Negativmotives. Holzschnitt- und Holzstichtechnik sind auch unter der Bezeichnung „Xylographie“ bekannt.

Ähnlich wie der Holzschnitt funktioniert der Linolschnitt. Statt des Holzdruckstockes wird eine Linolplatte (Linoleum) eingespannt und bearbeitet. Nimmt man statt des Holzdruckstockes eine Bleiplatte als Druckstock, lassen sich noch feinere Darstellungen erzeugen, auch die Bearbeitung des Metalles ist einfacher. Man spricht in diesem Fall vom Bleistich.

Tiefdruck

Im Laufe des Mittelalters breitete sich dann das Tiefdruckverfahren aus. Im Gegensatz zum Hochdruckverfahren, bei welchem die abzudruckenden Motive auf dem Druckstock liegen, sind beim Tiefdruckverfahren die abzudruckenden Motive gewissermaßen als Vertiefungen im Druckstock eingebracht worden. Diese Vertiefungen werden später mit Druckfarbe gefüllt und zeigen beim Druck das gewünschte Motiv.

Die moderne Tiefdrucktechnik verwendet stählerne Druckformen in Zylinderform. Die Oberfläche ist plan geschliffen; die Einkerbungen auf seiner plan geschliffenen Oberfläche ergeben das Negativabbild der Vorlage, welche gedruckt werden soll. Nachdem der Zylinder in Druckerfarbe getaucht wurde, wischt ein Schaber die Farbe von der plan geschliffenen Oberfläche des Zylinders, so dass nur noch in den Vertiefungen Farbe verbleibt. Anschleißend wird mit hohem Druck die Farbe aus den Vertiefungen auf Papier gepresst. Die unterschiedlichen Vertiefungen erzeugen dabei die verschiedenen Helligkeitsstufen.

Die älteste Technik im Tiefdruckverfahren ist der Kupferstich, der ungefähr ab 1450 aufkam. Hierbei füllt die Farbe die Vertiefungen des Druckstockes, der Kupferplatte. Da der hohe Pressdruck die Kupferplatte schnell beeinträchtigt und dadurch nur relativ wenige Wiederholungen möglich sind, wurden im 19. Jahrhundert Stahlplatten anstelle von Kupferplatten verwendet. Mit dem Stahlstich waren sehr viel höhere Auflagen möglich.

Neben Kupfer- und Stahlstich ist beim Tiefdruckverfahren noch die Radierung zu erwähnen. Beim Stich wird das Negativbild in die Metallplatte eingestochen; bei der Radierung hingegen wird das Negativbild herausgeätzt. Unter dem Kapitel Radierung gehen wir hierauf noch etwas näher ein. Die Technik der Radierung wird nun schon etwa seit 250 Jahren angewendet. Eine arbeitstechnische Weiterentwicklung der Radierung ist die Aquatinta, bei welcher unter Mitverwendung von farbigem Lack radiert wird.

Abbildung rechts: Beispiel eines Kupferstichs, wie er häufig zum Beispiel von Merian angewendet wurde

Eine weitere interessante Technik im Tiefdruckverfahren ist die Punktiertechnik, bei welcher mit sehr vielen dichtgesetzten Nadelstichen oder Punktierpunkten ein flächiges Bild erzeugt wird. Die Technik erinnert an den Pointilismus in der Malerei.

Für den Sammler letztendlich noch interessant wäre eine insbesondere in England während des 18. Jahrhunderts beliebte Technik, die sogenannte Schabkunst, bei welcher das zu druckende Abbild als Negativ in die Platte geschabt wird.

Flachdruck

Zum Schluss möchte ich noch auf den Flachdruck zu sprechen kommen, bei welchem sich das zu erzeugende Motiv flächig auf der Grundlage befindet. Bekannteste Technik des Flachdruckverfahrens ist die Lithographie (Lithografie) oder mit anderer Bezeichnung der Steindruck. Im Grunde meint beides dasselbe; im Altgriechischen heißt lithos = Stein. Entdeckt wurde die Technik vom deutschen Karthographen Alois Senefelder im Jahre 1797 beim Experimentieren mit einer Solnhofer Schieferplatte. Er entdeckte, dass eine Zeichnung aus fetthaltiger Kreide oder Tusche auf kalkhaltigem Stein (Schiefer!) nach Anfeuchten Wasser abstößt, die Zeichnung aber Druckfarbe aufnimmt. Mit der Zeichnung auf der Platte konnte somit gedruckt werden. Eine Besonderheit der Lithografie war die Chromolithografie, die Farblithografie. Sie wurde im Jahre 1837 von Godefroy Engelmann aus Mülhausen im Elsaß als Patent angemeldet. Solche Farblithografien konnten aus bis zu 25 Farben bestehen. In der Chromolithografie wurde ein gemaltes Bild als Vorlage genommen beziehungsweise ein Original direkt auf den Stein gemalt, wobei auch die Farben berücksichtigt wurden. Für jede Farbe wurde ein Stein verwendet. Die Schwierigkeit bestand darin, die verschiedenen Farben passgenau aufzubringen. Dies geschah unter handwerklich aufwendiger Anbringung von Passkreuzen oder Passmarken und der Zuhilfenahme von Nadeln (die Andrucke nadeln!). Die Farblithografie brachte hervorragende Farbergebnisse, so dass ihr Einsatz im Bereich der Werbung sowie der Werbeplakate gerade in der Gründerzeit prädestiniert war. Da die Herstellung von Farblithografien allerdings so sehr aufwendig war, lag der Focus  zunächst auf der Herstellung  kleinerer Werbekarten. Noch während des Zeitalters des Jugendstils wurde die Chromolithografie von rationelleren Druckverfahren wie dem Rasterdruck abgelöst. Die Chromolithografie wurde eine aussterbende Technik. Die leuchtenden Farben wurden mit den späteren Verfahren allerdings nie mehr erreicht. Dies mag ein Grund sein, weshalb die Plakate und Farblithografien der Jahrhundertwende um 1900 bei Sammlern so viel Aufmerksamkeit erregen.

Lassen sich frühe Lithografien noch gut identifizieren und auch von anderen Drucktechniken unterscheiden, so ist es bei jüngeren Graphiken, gerade wenn sie mehrere Techniken beinhalten, oftmals leider unmöglich, diese noch zu differenzieren und einzuordnen.




Tipps und Tricks für den Sammler alter Grafik

Wie erkenne ich altes Papier?

Wenn man alte Grafiken gegen das Licht hält, erkennt man in der Regel ein Wasserzeichen. In den Papiermühlen wurde das Papier früher in der Regel über speziellen Sieben handgeschöpft. Papiermühlen waren die Stätten, an welchen Papier hergestellt wurde. Das Markenzeichen, Kennzeichen oder Logo der Papiermühlen hat man früher aus Draht gebogen und auf den Sieben festgenäht. Dies führte dazu, dass an diesen Stellen das Papier dünner wird. Die Stellen sind beim fertigen Papier dann als echte Wasserzeichen erkennbar.

Altes handgemachtes Papier weist zudem immer eine unterschiedliche Stärke auf! Ganz vorsichtig mit den Fingern fühlen!

Übersäuertes Papier

Seit längerem ist das Problem von übersäuertem Papier bekannt. Dies führt zu massiven Problemen zum Beispiel in Bibliotheken. Man weiß, dass das Papier des Mittelalters sehr beständig und stabil ist. Bei Papieren ab etwa 1850 muss man allerdings mit übersäuertem Papier rechnen. Dies führt mit der Zeit zu Brüchigkeit bis zum Verfall. Bei solchen Grafiken sind konservierende prophylaktische Maßnahmen empfehlenswert.

Empfehlenswerte Literatur

Ich habe nachstehendes Buch selbst einmal empfohlen bekommen und finde es einfach hervorragend:

Peter Babendererde: „Dekorative Graphik“, erschienen im Verlag Klinkhardt & Biermann, 1975, ISBN-10: 3781401448, ISBN-13: 978-3781401440

Das Buch wird hin und wieder auch gebraucht angeboten!

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