Die 70er Jahre

70er Jahre Alltag

In der Großstadt der 70er Jahre

70er Jahre Alltag, das bedeutete für mich der Fortgang aus der Kleinstadt nach dem Abitur, der Beginn des Studium in Frankfurt. An die 70er Jahre erinnere ich mich sehr gern, gehörten sie doch zu den intensivsten und schönsten Jahren meines Lebens. Sie sind einfach mit sehr viel positiven Erinnerungen behaftet. Übrigens war die Zimmersuche Anfang der 70er Jahre in Frankfurt auch schon sehr mühselig. Für Studenten gab es so gut wie keine Zimmer, so dass man auf Wohngemeinschaften angewiesen war. Ansonsten verbrachte man zwei mal die Woche den Nachmittag vor dem Verlagshaus der Frankfurter Rundschau, um auf die Nachmittagsausgaben mit dem Wohnungsteil zu warten. Ein Freund oder Mitstreiter blockierte derweil schon einmal eine Telefonzelle in der Nähe. Ich denke, an diesen Situationen hat sich bis heute wenig geändert.70er Jahre Moulinex Zerkleinerer

Vom Flohmarkt bis zum Deutschen Herbst

Die 70er Jahre waren aber auch der Beginn der Flohmärkte. Das Interesse an den alten Dingen begann ja damit, dass man eines Tages über den Flohmarkt am Mainufer schlenderte, von den alten Dingen gefangen war und sich erinnerte, was zuhause auf dem heimischen Boden gelagert war.

Im Bild der Moulinex Zerkleinerer aus den 70er Jahren, Sammlerwert ca. 35 €

Ich glaube, ich war nicht der Einzige, der am Wochenende nach Hause fuhr, den Speicher und Keller durchstöberte und dies dann alles auf dem Dachgepäckträger des VW Käfer und unter der Motorhaube des Käfers verstaute. Die 70er Jahre waren aber auch die Zeit politischer Unruhe an den Universitäten, die Zeit der Hausbesetzungen, des beginnenden Widerstandes gegen Atomkraftwerke, einer steten Radikalisierung, die im Jahre 1977 im sogenannten deutschen Herbst mündete, mit Anschlägen und Entführungen seitens der RAF, der Baader-Meinhof-Gruppe. Der Alltag jener Zeit war sehr geprägt von unterschwelliger Angst in Teilen der Bevölkerung, von Sensationsjournalismus, einer aufgeschreckten Politik, von Rasterfahndungen, Straßenkontrollen und mehr. Erinnerungen an die Notstandsgesetze der 60er Jahre kamen auf.

Von 70er Jahre Musik bis zur Ablösung von Diktaturen

Die 70er Jahre waren aber auch geprägt von der meiner Ansicht nach besten Musik; diese Musik hatte ihre Wurzeln im Rock’n’Roll, dem Blues der 50er Jahre und dem Beat der 60er Jahre. Der Reigen zog sich von George Harrison mit „My sweet Lord“ oder Don Fardon mit „Indian Reservation“ weiter mit solchen Supergruppen wie die Rolling Stones, Cream, Frank Zappa, Led Zeppelin, Allman Brothers, Lynyrd Skynyrd, Ten Years After, Who, Johnny Winter, Canned Heat, ich kann sie gar nicht alle aufzählen, bis an den Anfang der 80er Jahre. Eine gewisse Freiheit als Folge des Aufbegehrens zog in den Alltag ein und vieles, was für die heutige Jugend selbstverständlich ist, wurde damals den Eltern und der noch sehr verknöcherten Gesellschaft abgerungen. Dieses Aufbegehren war nicht nur im Nachkriegsdeutschland so, das Aufbegehren umfasste den ganzen Erdball. Die Diktaturen in Griechenland, in Chile, in Portugal und vielen anderen Ländern fielen oder wurden bekämpft.

Cord und Kunststoff, die Materialien der 70er

Aber nicht nur wegen des Geschilderten stehen die 70er Jahre schon seit einiger Zeit wieder im Fokus des Interesses. Denn wie jede Zeit, wie jede Dekade hatte sie ihre Modeerscheinungen, ihre Spleens und ihr eigenes Design; dies ist es, was uns Sammler neben dem Interesse an den anderen gesellschaftlichen und ökonomischen Gegebenheiten interessiert. Die Zeit der Schlaghosen ging ihrem Ende entgegen; in der Mode, bei der täglichen Garderobe dominierte immer mehr ein Stoff, der Cord. Eine Schlaghose aus Cord mit den typischen Rippen stammt ganz gewiss aus den frühen Siebzigern. Selbst die Sofas oder auch Vorhänge wurden nun aus bunten Cordstoffen hergestellt.

Im Alltag zog nun schleichend ein Stoff ein, der seine Geburtswehen schon früh erlebte, aber nur in ganz geringem Umfang im 50er Jahre Alltag und den 60ern auftauchte, nun aber weite Teile des alltäglichen Lebens eroberte, – der Kunststoff. Er ersetzte in der Werbung die Blech- und Emailleschilder, welche andererseits immer mehr das Interesse von Spezialsammlern hervorriefen. Sinalco Reklame aus Plastik

Die Reklame in den 70ern bestand zunehmends aus Kunststoff, Sammlerwert ca. 40 €

Die meisten Hersteller von Blechspielzeug sahen sich der Konkurrenz des Kunststoffes machtlos ausgeliefert; nur wer sich rechtzeitig umgestellt hatte, wer früh genug diese Macht des Markt verschlingenden Dinosaurus Kunststoff sowie dessen Möglichkeiten auf dem Gebiete des Design erkannte, konnte noch einigermaßen wettbewerbsfähig bleiben. Aus dem Bereich des Blechspielzeugs fällt mir hierzu spontan die Firma Gama ein. Typisch die Autos und anderes Spielzeug dieses und etlicher anderer Hersteller, – sie waren teils aus Kunststoff, teils noch aus Blech gefertigt waren. Die ersten Plastikmodelle kamen aus Japan.

Die Freiheitskerben der 60er wurden verbreitert

Nicht nur im städtischen Bereich explodierte der Wohnungsbau; überall sind die schnell auf dem Reißbrett entstandenen 70er Jahre-Siedlungen vorzufinden. Die Aufbruchstimmung war in allen Bereichen der Gesellschaft zu bemerken. Die Begriffe Meeting oder Happening, die das Denglisch vorbereiteten, gehörten zum Wortschatz der 70er Jahre. Die Kerben, die die 60er Jahre in das verkrustete System geschlagen hatte, diese Kerben hatten nun den Anspruch, breiter zu werden, und sie wurden breiter. In der Kunst, der Musik, in den Formen des Zusammenlebens, der Erziehung, Kindergarten und Schule, der Sexualität, in Mode und Design, überall brach sich der Trend zu Veränderung Bahn.

Es war nicht nur die politische Freiheit, die beansprucht wurde; die Ölkrise, die am besten erfahrbar wurde im Jahr 1973 und als Folge 4 staatlich verordnete autofreie Sonntage nach sich zog, schärfte den Sinn für den Ressourcenschutz. Die autofreien Sonntage waren etwas ganz Besonderes, denn man konnte an diesen unter anderem auf den autofreien Autobahnen Rad fahren. Aus einem zunächst diffusen Ressourcenschutz entwickelte sich noch in den 70er Jahren eine breite Naturschutzbewegung, die gleichzeitig aber auch politisch radikal sein wollte. Es war der Status nascenti einer Bewegung, die einige Jahre später Ende der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre als Partei die lange geltende 3-Parteien-Landschaft der Bundesrepublik Deutschland auflöste. Naturschutz, Friedensbewegung und politische Neuorientierung bewegten sich nun zusammen in einer neuen Organisiertheit, die ihre Wurzeln in der politischen Studentenbewegung der 60er Jahre, dem Ressourcenschutz der 70er Jahre sowie den Ostermärschen im Nachkriegsdeutschland besaß.

Die Alltagskultur war farbig

Wohnen in Wohngemeinschaften wurde für Jugendliche zur Alltagskultur. Mit Drogen wurde experimentiert. Selbst relativ konservativ eingestellte Jugendliche ließen sich Koteletten und Bärte wachsen, die Haarpracht wurde immer länger. Nicht an den Schulen und Hochschulen, aber im Fernsehen kam die neue Mode mit engen, lediglich hüfthohen Hosen, breiten Gürteln, taillierten Westen, Jacken und Hemden daher. Kurze Röcke und sogenannte Hot Pants waren charakteristisch bei den jungen Frauen. Begleitet wurde die Veränderungen von Schockfarben, von schrillen Designs. Ganz typisch war die Farbe Orange, dazu gab es Grün, Gelb, Hauptsache schockfarben. Die Farben schmückten jeden Kunststoff, egal ob Aschenbecher, Haushaltsgerät oder Möbel. Die 70er Jahre waren das Jahrzehnt, in welchem der Kunststoff, der ja schon kurz nach dem 2. Weltkrieg an die Tür klopfte, seinen endgültigen Durchmarsch bewerkstelligte. Eine große Rolle spielte hierbei der Werkstoff Polystyrol von BASF. Wir erinnern uns, dass Polystyrol und Polypropylen auch eine ganze Spielzeugindustrie eroberte. Der Kunststoff ermöglichte es zudem, billig und einfach die runden Formen zu kreieren, wie sie im damaligen Möbelbau typisch waren, wie sie aus Holz fast nur noch in Dänemark hergestellt wurden.




Später verlor der Kunststoff etwas von seiner Dominanz, wiewohl heutzutage immer wieder neue Stoffe auf den Markt kommen. Die Ziele dabei sind die Wiederverwertbarkeit der ausrangierten Kunststoffe sowie das Verhindern der Alterung. Denn im Gegensatz zum Werkstoff Holz, der im Alter an Charme gewinnt, zeigen sich alternde Kunststoffe eher rissig und spröde.

Bekannte Designer der 70er Jahre

Bekannte Künstler und Industriedesigner nicht nur der 70er Jahre waren Andy Warhol mit Pop Art und Op Art, der Berliner Luigi (Lutz) Colani, Rido Busse, der unter anderem für Braun, AEG, Krups oder Bosch arbeitete und entwarf, Gerd Alfred Müller, der für Braun und Lamy arbeitete, Hans Erich Slany, der eines der ersten Designbüros in Deutschland überhaupt gründete, die Designer Herbert Schultes und Norbert Schlagheck mit ihrem Büro Schlagheck & Schultes Design sowie der Industriedesigner Hartmut Esslinger, um nur einige anzuführen. Ihre Produkte sind heute bei Sammlern sehr begehrt.

3 responses about “Die 70er Jahre”

  1. Arnd said:
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    Hallo, ich suche Nylonanoraks, die in die DDR in den 60 und 70er Jahren importiert worden sind. Alles anbieten: joyakim@web.de. Viele Grüße Arnd

  2. bideau karim said:
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    salut bin sammler vom die 70er alles mögliche vom aschenbecher bis zum möbel lampen wecker etc etwas 6000 artikel alles original und gut zustand!solte mich aber jetzt trennen.falls interess steht bitte auf eine e.mail adresse ,dann konnte ich bilden schiken.grusse
    karim

  3. Markus henkel said:
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    Hab hier ein altes Spielzeug von unserer unromantisch bekommen und wollten wissen was so was wert ist

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